07.02.2019, NZZ Bellevue

Essbare Gärten, die gleichzeitig auch noch schön aussehen

Zier- oder Nutzgarten, was darf es sein? Die selbstgelernte Gärtnerin Lauri Kranz glaubt nicht an die traditionelle Unterscheidung. In ihrem ersten Buch «A Garden Can Be Anywhere» erklärt sie, wie man beides haben kann.

Von Stephanie Rebonati

Wie viele schöne Geschichten begann auch diese in einer Spielgruppe. In jener von Lauri Kranzes Sohn, irgendwo im südlichen Kalifornien, wurden die Eltern damals zur Freiwilligenarbeit aufgefordert. Kranz trug sich spontan beim Gemeinschaftsgarten ein. Heute, rund zehn Jahre später, legt sie für Katy Perry und Nicole Richie sogenannte edible gardens an. Essbare Gärten, die sie als bountiful and beautiful umschreibt – ertragreich und schön, wobei die Betonung auf dem und liegt.

Holistisches Konzept
Kranz wird vielerorts als grow-your-own guru und garden fairy genannt. Wohl, weil sie davon überzeugt ist, dass alle Lebensbereiche davon profitieren, wenn man sich um einen Garten kümmert und sich von diesem ernährt, auch wenn dieser Garten bloss aus einem Terrakotta-Topf auf einem Stadtbalkon besteht (Basilikum gedeiht dort bestens!).

Sie sagt: «Auch wenn manche Leute zunächst aus ästhetischen Gründen zu mir kommen, weil sie meinen wilden, ursprünglichen Gartenstil mögen, merken sie bald, dass es um eine intime Angelegenheit geht, um die eigene Beziehung zur Natur».

Tipps vom Profi
Aller Anfang ist schwer, doch mit diesen drei einfachen Tipps der Gartenfee wird jedes Gemüsebeet mehr als eine gewöhnliche Nahrungsquelle:

1.    Vom Standort lernen: Wie wandert die Sonne? Hat es Bienen? Welche Blumen und Bäume wachsen in der Umgebung? Kranz beobachtet genau, bevor sie anpflanzt. Bei Unsicherheiten zur Anpflanzung lokale Bauern und Händlerinnen am Gemüsemarkt um Rat bitten. Oder: in der Stadtgärtnerei Zürich vorbeigehen, Ende April findet dort ausserdem der beliebte Tomatensetzlingsmarkt statt.

2.    Geplante Verwilderung: Weil Kranz üppige Gärten mag, streut sie Mohn und wilde Blumen in und zwischen die Gemüsebeete, genau wie es die Natur selbst täte. Funktioniert auch in erhobenen Beeten oder in Töpfen auf Asphalt. Bei den erhobenen Beeten stets mit unbehandeltem Holz arbeiten.

3.    Geheimrezept: Kranz setzt immer und überall afrikanischen Strauchbasilikum und Ackerbohnen. Sieht gut aus und lockt Bienen an, die es zur Bestäubung braucht. Übrigens ist die Ackerbohne gemäss der schweizerischen Stiftung ProSpecieRara ein fast vergessenes Grundnahrungsmittel, weshalb im Rahmen des Nationalen Aktionsplans zur Erhaltung von Kulturpflanzen ein Projekt gestartet wurde, das zum Ziel hat, diese alte Kulturpflanze wieder für die Ernährung anzubauen.

«Back to the roots»
Vielleicht könnte man Kranzes essbare Gärten auch Therapie nennen, die ernährt, gesund macht und heilt – wieder liegt die Betonung auf dem und. Weil der Begriff der Heilung allerdings nicht überall gleich gut ankommt, könnte man stattdessen behaupten, dass es wohl allen mal richtig guttäte, die Augen vom Bildschirm zu lösen, die Hände in die Erde zu graben bis es feucht wird, und tief einzuatmen.

Vielleicht hört man surrende Insekten, spürt die Sonne im Nacken, riecht den knoblauchartigen Geruch des Bärlauchs. In Japan gibt’s dafür sogar einen Begriff: shinrin-yoku oder forest bathing, ein Waldbad. Es liegen gar wissenschaftliche Studien dazu vor. Aber das ist eine andere Geschichte (eine sehr gute immerhin).

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