18.07.2013, Züritipp

Wie alles ins Rollen kam

Vor dreizehn Jahren mussten sie den Leuten noch erklären, was Sushi ist. Nächste Woche eröffnen Daniel Kehl und Marc Saxer die sechste Yooji’s-Filiale - prominent an der Bahnhofstrasse.

Von Stephanie Rebonati
Fotos: Thomas Burla

Als ihnen die Immobilie an der Bahnhofstrasse 102 vorgeschlagen worden sei, hätten sie bloss gelacht über dieses «Prestige-Ding». Wie viele andere dachten auch Daniel Kehl und Marc Saxer, dass eine internationale Ladenkette in die ehemaligen Räumlichkeiten des Traiteurs Kauffmann einziehen würde. Doch das Gastronomenduo ging über die Bücher und stellte fest: «So absurd ist das doch nicht.»

Vor rund einem Monat, es ist ein warmer, regnerischer Tag, stehen die Geschäftspartner inmitten der Baustelle. Kehl im luftigen Shirt, Saxer im klassischen Polo, beide in Graublau. Kehl gestikuliert beim Erzählen, sodass man seinen farbigen Arm-Tätowierungen folgt. Saxer streift sich hie und da eine dunkelbraune Locke hinters Ohr. Spricht der eine, redet der andere nicht rein. Ein eingespieltes Team. Vor über 20 Jahren lernen sich der Betriebsökonom Kehl und der gelernte Koch Saxer über ihre damaligen Freundinnen kennen. Was danach geschieht, ist eine Gastro-Erfolgsgeschichte. Mit der bevorstehenden Eröffnung an der Zürcher Bahnhofstrasse setzt das Gastronomenduo einen weiteren Meilenstein, den geografisch bisher prominentesten (siehe Box).

«Über die Jahre haben wir gelernt, gut aneinander zu reiben anstatt heftig aufeinanderzuprallen», sagt Kehl. Saxer ergänzt: «Wir sind sehr kritisch und hinterfragen ständig unsere Ideen.» Mit Scouts arbeiten sie nicht, sie übernehmen diesen Job am liebsten gleich selber. Sie reisen und degustieren regelmässig, recherchieren, entdecken und können sich «wie kleine Kinder total für etwas begeistern». So war es auch mit Sushi, das sie früh als Trend erkannten.

Konzept lag lange in der Schublade

Kehl weilte vor 25 Jahren in New York, als er sein erstes Sushi ass, er fand es «spannend». Saxer machte als 17-Jähriger in San Francisco Ferien, «war total begeistert» von Sushi und ernährte sich eine Woche lang davon. Es dauerte aber noch viele Jahre und Restauranteröffnungen, bis die beiden ihr eigenes Sushi-Lokal realisierten. «Das Konzept für das erste Yooji’s lag lange in der Schublade», sagt Kehl. Sie warteten den richtigen Moment ab. Das Duo ist nicht bekannt für Schnellschüsse. Vielmehr setzt es auf seine Kompetenzen, das kulinarische Fachwissen und die betriebswirtschaftlichen Kenntnisse, und erarbeitet so langfristige Brands: Iroquois, Bohemia, Totò, um nur einige zu nennen.

Kalter Reis und roher oder geräucherter Fisch, dazu Wasabi, Ingwer und Sojasauce. Das stimmte die Zürcher im Jahr 2000 noch skeptisch. Damals, im Sommer, eröffneten Kehl und Saxer das erste Yooji’s im Seefeld. Kehl erinnert sich: «Wir hatten anfangs drei Gäste am Mittag und höchstens sechs am Abend.» An manchen Tagen blieb die Kasse gar leer. «Wir mussten nicht nur den Gästen, sondern auch dem Hauseigentümer erklären, was wir da servieren», ergänzt Saxer. Heute kaum vorstellbar. Sushi gilt als salonfähig und strassentauglich zugleich. Das gesunde und optisch ansprechende Gericht aus Japan ist zum Dauertrend geworden.

Allerdings ist es ein Gericht, für das bei klassischer Zubereitung vor allem exotische Meerfische benötigt werden. Etwa Thunfisch, Fliegenfischroggen, Heilbutt, Makrele, Dorsch, Lachs und Garnelen. Angesichts der Überfischung der Meere keine erfreuliche Tatsache. Saxer macht klare Ansagen: Eingekauft wird ausschliesslich zertifizierter Fisch - und auf den Thunfisch wird ein besonderes Augenmerk gelegt, weil er gefährdet und die Gesellschaft auf die Thematik sensibilisiert ist. Deshalb liegt in seinen Filialen nur der Gelbflossenthunfisch auf Reis, den besonders gefährdeten Blauflossenthunfisch hätten sie nie angeboten, so Saxer. «Unser Thunfisch stammt von den Malediven und wird von einer kleinen Fischerei mit Handangelruten gefischt», sagt Kehl und erzählt weiter, dass sie die Fischerei erst kürzlich besucht hätten.

Kritiker sagen, das Yooji’s-Sushi sei nicht das Beste, sondern biete bloss das beste Preis-Leistungs-Verhältnis der Stadt. Das lässt die Inhaber Kehl und Saxer kalt, sie sind überzeugt von ihrem Konzept: «Wir bieten nicht nur Sushi, sondern ein Gesamterlebnis», sagt Kehl. Qualität und Angebot, etwa die Inneneinrichtung, das Personal, die Klänge und Gerüche, ergäben im Mix einen gewissen Lifestyle. Das unterscheide das Yooji’s von anderen Sushi-Lokalen.

«Das heisst aber keineswegs, dass das Sushi weniger wichtig ist, ständig arbeiten wir mit dem Küchenchef an neuen Kreationen», sagt Saxer. Vor allem vegetarisches Sushi und verschiedene Tatarvariationen sind derzeit in der Mache. Auch kritisieren enttäuschte Yooji’s-Besucher die maschinell gefertigten Sushi-Rollen, Kehl und Saxer kontern: «Diese Technik garantiert, dass in jeder Rolle gleich viel Reis ist. Das ist Qualitätsverbesserung.»

Zwei Stockwerke für hundert Gäste

Als Entstehungsort neuer Kreationen und zur Sicherstellung von einheitlichen Standards in allen Filialen wurde 2006 die Yooji’s Manufaktur gegründet. Hier werden zukünftige Mitarbeiter in dreimonatigen Kursen in Sachen Sushi-Herstellung, Mise en place und Hygienestandards ausgebildet.

Der Erfolg bestätigt Kehl und Saxer. Nächste Woche eröffnen sie die sechste Yooji’s-Filiale, prominent an der Bahnhofstrasse. Zwei Stockwerke für hundert Gäste, eine neue Touchscreentechnik für Take-away-Bestellungen. Als einziges Yooji’s wird dieses bereits ab sieben Uhr geöffnet sein. Mit Fruchtsalaten, Joghurt, Matcha-Tee, Säften und Kaffee ist das Lokal auf die morgendliche Rushhour an der Bahnhofstrasse eingestellt.

Firmengeschichte

1990 gründen Daniel Kehl und Marc Saxer die Two-Spice- Gruppe, unter der künftig alle gemeinsamen Betriebe laufen werden. Ein Jahr später eröffnen sie ihr erstes Lokal, das Cabare in Zürich-Binz, in dem während neun Jahren über 1000 Konzerte stattfinden. Es folgen das Iroquois, Totò, Yoojis und der Rush Coffee Stop im Seefeld, das Bohemia und Nooba am Kreuzplatz, die Yoojis am Bellevue, an der Josefstrasse und im Glattzentrum, das Cheyenne in Oerlikon, der Boilerroom und das Yoojis in Winterthur und das Weindepot Burgwies an der Forch. An Veranstaltungen wie Zürcher Theater Spektakel, Jazznojazz und Live at Sunset ist das Unternehmen für das Catering zuständig. Die Two-Spice-Gruppe beschäftigt rund 330 Mitarbeiter und erwirtschaftete 2012 einen Gesamtjahresumsatz von 45 Millionen Franken mit 2,5 Millionen Gästen.

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