07.02.2013, Züritipp

Hier spriesst Leidenschaft

Ausschliesslich pflanzliche Zutaten. Natürlich bio. Nach diesem Konzept wird in der neuen Vegelateria am alten Standort der Vegan Kitchen & Bakery gekocht. Ein Ausbau der derzeit karg eingerichteten Lokalität ist geplant.

Von Stephanie Rebonati
Foto: Thomas Burla

Michael Schrottenholzer ist 52 Jahre alt, was man ihm aber nicht ansieht. Die hellblauen Augen strahlen, das Gesicht ist faltenfrei. Er ruft «Hoi zäme!», wenn Gäste ins neu eröffnete Takeaway an der Müllerstrasse treten. Hier wird vegan gekocht - das heisst, die Glace wird ohne Rahm, das Zürcher Geschnetzelte ohne Kalb, die Bolognese ohne Rind und der Cappuccino ohne Milch zubereitet.

Seit 25 Jahren ernährt sich Michael Schrottenholzer vegetarisch, zu 95 Prozent gar vegan. «Wenn es nicht anders geht», sagt der Zürcher, «esse ich schon mal eine vegetarische Omelette.» Das kommt vor, wenn er wie letzten Monat auf den Ski steht und in der Berghütte kein Gericht serviert wird, das ohne tierische Produkte gekocht wird. Eine Sünde ist das nicht, findet Schrottenholzer, denn für ihn ist Veganismus keine Religion, sondern eine bewusste Lebensart. Und diese möchte er den Leuten im Namen von Soyana schmackhaft machen.

Soyana ist ein Schlieremer Lebensmittelhersteller, der seit 1981 Fleisch- und Milchalternativen produziert und in über 400 Länder verkauft. Das Unternehmen stellte vor 27 Jahren das erste Soja-Joghurt der Welt her, hinzugekommen sind Frischkäse, Tofuwürste, Milch und Glace, alles bio und auf pflanzlicher Basis. Eine von Soyana entwickelte Fleischalternative ist Dinki, die auf Urdinkel basiert, weizen- und glutenfrei ist und sich so auch für Allergiker eignet. Michael Schrottenholzer arbeitet seit 15 Jahren für Soyana und kocht nun fünf Tage die Woche in deren Take-away. Im Sommer wird die Vegelateria um ein veganes Restaurant mit 75 Sitzplätzen ergänzt. Es wird Amazing Strength heissen, übersetzt etwa «Verblüffende Kraft».

«Das Zürcher Geschnetzelte ist der Renner», sagt Schrottenholzer, der sich das Kochen für grosse Gruppen selber beigebracht hat. Und siehe da: Das traditionelle Gericht schmeckt in seiner veganen Version herzhaft gut. Zusammen mit Champignons liegen Dinki-Stücke in einer sämigen Sauce aus Soyananda, einer veganen Alternative zu Frischkäse, Sauerrahm und Mascarpone. Dazu gibt es Basmatireis und Kimchi, also fermentierten Kohl.

Das Mittagessen, das wir in der Vegelateria geniessen, ist ein gutes, das mit einem Begrüssungsdrink aus Spinat, Banane und Chi - ein fermentiertes Getränk aus Früchten, Kräutern, Hefe- und Bakterienkulturen - begonnen hat und mit veganer Eiscreme gekrönt wird. Reis-Mango, Apfel-Zimt und Ingwer-Zitrone stehen neben Klassikern wie Schokolade und Haselnuss zur Auswahl - schmecken tun sie alle gut. Und natürlich anders als herkömmliche Glace. Gesüsst wird mit Vollrohrzucker und Stevia. Und: Weil vegane Glace aus Reis, Hafer, Soyananda und Biofrüchten hergestellt wird, hat es Biss.

Die Vegelateria ist ein grosses Lokal mit wenigen Tischen. Im Raum baumeln Blumengirlanden, an der Wand hängen Bilder von Sri Chinmoy, einem spirituellen Lehrer aus Indien und auf dem Boden stehen Grünpflanzen. 2010 hatte hier Kunststudentin Lauren Wildbolz das erste vegane Restaurant Zürichs, die Vegan Kitchen & Bakery, eröffnet. Nach neun Monaten musste sie schliessen, weil ihr eine Bewilligung und die finanziellen Mittel fehlten. Den Pachtvertrag übergab sie Soyana-Chef Walter Dänzer.

Dass die Vegelateria derzeit ein liebloses Provisorium ist, weiss Dänzer. Er hat Baugesuche eingegeben, damit die Küche besser eingerichtet, eine zweite Toilette und eine Belüftungsanlage eingebaut werden können - alles Auflagen der Behörden. Dänzer sagt: «Wir bitten für diesen langsamen Verwandlungsprozess um Verständnis und versichern den Gästen, dass sie in der nächsten Zeit immer wieder interessante Verbesserungen entdecken können werden.»

Shoppen, Lesen, Schlemmen: Die Auswahl an veganen Angeboten in Zürich wächst:

Laden Eva Kelemen und Thomas Flückiger eröffnen im April das erste Schweizer Lebensmittelgeschäft für vegane Kost. «Wir brauchen einen veganen Laden, weil sich die Leute immer mehr Gedanken dazu machen, was sie essen und welche Auswirkungen ihr Kaufverhalten hat», sind sie überzeugt. Evas Apples wird Schweizer Produkte bevorzugen, Degustationen durchführen und Bücher zum veganen Lifestyle und zur Gesundheit anbieten. www.facebook.com/EvasApples

Kochbuch Lauren Wildbolz, Veganpionierin der Stadt (siehe auch grossen Text), führt heute ein veganes Catering-Unternehmen und gibt Kochkurse. Im Herbst erscheint ihr Kochbuch «Vegan Kitchen & Friends». «Ich will aufzeigen, dass die vegane Kost niemanden ausgrenzt, sondern alle miteinbezieht», sagt Wildbolz. Ihren Green Smoothie aus Nüsslisalat, Birne, Gurke, Fenchel und Mandeln gibt es im Quartierladen LUltimo Bacio in Wipkingen für 7.50 Franken. www.vegankitchenandfriends.ch, blog.vegankitchen.ch

Süsses In Les Gourmandises de Miyuko im Zürcher Kreis 6 wird u.a. veganes, gluten- und laktosefreies Konfekt mit französisch-japanischer Ästhetik angeboten. Inhaberin Sara Hochuli gibt auch Patisseriekurse. www.miyuko.ch

Lunch In der Bar Daniel H. an der Müllerstrasse 51 gibts von Montag bis Freitag vegane Mittagsmenüs von Biosumo. Die Sushi, Suppen, Chilis, Currys und Salate werden täglich aus regionalen Bioprodukten hergestellt.www.biosumo.ch

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